Hainichen

Rückbau des ehemaligen Hainichener Kinos hat begonnen

Am 1.2.2022 begannen die Abrissarbeiten am ehemaligen Kino an der Bahnhofstraße durch die Hainichener Firma Uhlmann & Finke. Da die Abrissbagger sich vom Oberen Stadtgraben von hinten nach vorne „durchfressen“, kann eine längere Vollsperrung vermieden werden.

Manchem (heutigen und ehemaligen) Hainichener, gerade solchen, welche 40 Jahre und älter sind, blutet sicher beim Anblick der Abrissbagger das Herz, da doch viele Erinnerungen mit dem ehemaligen Kino verbunden sind.

Dennoch war der Abriss aufgrund des Verfalls des Gebäudes faktisch alternativlos. Zum Tag des offenen Denkmals 2021 wurde das Gebäude durch die Stadtverwaltung noch einmal geöffnet, damit man sich auch innerlich und symbolisch von diesem Stück Hainichener Stadtgeschichte verabschieden konnte.

Ich nehme den Beginn der Abrissarbeiten zum Anlass, etwas in den Geschichtsbüchern zu blättern, um über die Historie des Gebäudes zu berichten.

Vermutlich wurde das Gebäude kurz nach dem letzten großen Stadtbrand im Jahr 1832 errichtet. Im Jahr 1837 ist auf der Bahnhofstraße 12 ein Wohngebäude mit Zuchtviehstall und eingebautem Gewölbe dokumentiert. Bauherr war damals der Sattlermeister Karl Gottlob Gelbricht.

Laut dem Brandversicherungskataster war Herr Gelbricht 27 Jahre später im Jahr 1864 immer noch Besitzer des Gebäudes. Offenbar diente das Haus zu dieser Zeit auch als Tanzsaal mit Souterrain für eine Stallung sowie einem als Keller dienenden Gewölbe mit angebautem Gang. Damals gab es eine Saalvergrößerung mit Garderobe und Schuppen.

1875 verkaufte Karl Gottlob Gelbricht das Haus an Julius Richter. Der damalige Kaufpreis betrug 13.050 Mark. Julius Richter veräußerte kurze Zeit später das Haus an Friedrich Hermann Schulze. Während dieser Zeit befand sich im Gebäude das Restaurant „Germania“.

1924 erfolgte erstmalig die Erwähnung als Kino. Im Adressbuch steht vermerkt: „Badeanstalt und Germania Lichtspiele“. Hainichen hatte also bereits in den Anfangszeiten der bewegten Bilder ein Kino. Vermutlich liefen damals Filme unter anderem mit Charlie Chaplin und Buster Keaton. 1927 meldete Paul Engelmann den Betrieb des Germania Lichtspieltheaters bei der Stadt an. 1936 wurde der Besucherraum vergrößert.

Zur DDR-Zeit war das Hainichener Kino ein „Volkseigener Lichtspielbetrieb“. Noch zu Zeiten des Arbeiter- und Bauernstaates erfolgte der Umbau zum Clubkino (1989).  

Aus der Fußbodenschräge mit den Sitzreihen wurde eine Treppenform eingebaut. Auf die Plattformen kamen Tische und Sessel, an der Rückseite befand sich die Bar.  

Das Hainichener Kino zählte damals sicherlich zu den fortschrittlichsten Lichtspielhäusern seiner Art im Bezirk Karl-Marx-Stadt.

Durch den Umbau blieben von einst 500 Zuschauerplätzen nur mehr 96 übrig. Nach der Wende musste das Kino zeitweise schließen, bis die Eigentumsfrage geklärt war.

Zwischen 1995 und 1997 wurde das Hainichener Kino noch einmal betrieben und zwar von  Ricardo Pfeiffer.

Kurze Zeit später erwarb eine Frau, die aus Hessen nach Hainichen zugewandert war, das Gebäude. Damit nahm leider der Verfall des Gebäudes Geschwindigkeit auf. Mehrfach versuchte ich (vergeblich) nach meinem Antritt als Bürgermeister von Hainichen, die Besitzerin zu überzeugen, das Gebäude zu veräußern.

Mit dem Ableben besagter Frau wurde es noch einmal sehr spannend, da diese auf dem Sterbebett einer karitativen Einrichtung ihren gesamten Besitz, welcher aus zahlreichen ruinösen Gebäuden und einzelnen Grundstück bestand, viele davon in Sachsen vererbt hatte.

Diese Einrichtung war allerdings nicht sehr glücklich über den unerwarteten neuen Besitz und hatte kein großes Interesse, das Erbe anzunehmen, da abzusehen war, dass damit viel Arbeit, aber wenig Ertrag auf diese Institution zukommt.

Man bot mir an, uns das Kino für wenig Geld zu veräußern, wenn ich auch die anderen Kommunen, in welchen Besitztümer der verstorbenen Kinobesitzerin waren, von einem Erwerb überzeugen konnte. Ich trat unter anderem mit den Bürgermeistern in Zeulenroda-Triebes, Mittweida, mehreren Orten in der Oberlausitz, aber auch in Rheinland-Pfalz in Kontakt und konnte letztendlich alle Akteure überzeugen, unserem Beispiel zu folgen.

Denn das Hainichener Kino war derart in die Jahre gekommen und ruinös geworden, dass es eine Gefahr für die vorbeilaufenden Fußgänger darstellte. Eine Einbringung des Kinos in eine Auktion hätte die Gefahr bedeutet, dass Spekulanten das Haus erwerben und sich nicht um die Sicherheit der Passanten sorgen würden. Da unmittelbar daneben eine Kindertagesstätte ist, machte uns diese Entwicklung Sorgen im Hinblick auf die Sicherheit der Fußgänger.

Aber Ende gut, alles gut. Nach dem Ende des Abrisses ist eine Platzgestaltung vorgesehen, welche auch die einstige Nutzung als Lichtspielhaus darstellen soll.

Dieter Greysinger

Oberbürgermeister

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